Di, 08:00 Uhr
15.04.2025
nnz nachgefragt
Immobilien übertragen – aber wie
Der kommende vierte Immobilienabend des Immobilienexpertenteam-Südharz (IET-Südharz) am 23. April 2025 beschäftigt sich mit der Übertragung des Immobilienbesitzes bereits zu Lebzeiten des Erblassers. die nnz interessierte, warum sich das IET-Südharz gerade diesem Thema einen ganzen Abend lang widmet?
Manuela Hardt von Triga Immobilien (Foto: IET)
nnz:Der 4. Immobilienabend des IET-Südharz findet gemeinsam mit und in den Räumen der VR Bank in Thüringen eG in Nordhausen statt. Was macht gerade dieses Thema so interessant?
Dr. Eric Urzowski (Notar): In den letzten Jahren rückte das Thema der Vertragsgestaltung zur vorweggenommenen Erbfolge immer mehr in den Vordergrund. Die primäre Aufgabe eines Notars besteht darin, die Parteien in Rechtsgeschäften umfassend und unparteiisch zu beraten. Schon wenn zwei Erben als Begünstigte in Frage kommen, sollte für die Immobilie im Familienbesitz eine Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erwogen werden.
Allerdings sollte der Entscheidung ein sorgfältiger Abwägungsprozess vorausgehen. Zudem müssen sich die beteiligten Parteien darüber einig sein, überhaupt eine individuelle Regelung vor dem Ableben des Erblassers zur Übertragung des Immobilienbesitzes zu vereinbaren. Eine wichtige Rolle spielt auch, ob zwischen Erblasser und Erben Einigkeit besteht, insbesondere wenn durch die Übertragung eine Partei womöglich bevorzugt und die andere benachteiligt wird.
Umgekehrt ist die Einigkeit innerhalb der Familie indes kein zwingendes Kriterium, um eine den Vermögensübergang im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zu regeln. Meine Aufgabe sehe ich dann auch darin, zu vermitteln. Ziel soll jedenfalls immer sein, das Streitpotenzial innerhalb der Familie durch die zu treffenden Regelungen zur vorweggenommenen Erbfolge soweit als möglich zu minimieren.
Susann N. Döring (Rechtsanwältin): Genau, nur ist dies leichter gesagt als getan. Immer dann, wenn ein Erblasser erkennt, dass die gesetzliche Erbfolge bestimmte Personen in seinem Verwandtenkreis begünstigt, welche er selbst jedoch nicht bedenken will, sollte gehandelt werden. Mit meinem Vortrag Erbfall was nun? Wird die lebzeitig übertragene Immobilie zum Problem? möchte ich den Gästen unserer Veranstaltung den Blick auf die in der Praxis möglicherweise entstehenden Konsequenzen öffnen. Nicht immer versprechen lebzeitig getätigte Verfügungen, z. B. in Form einer Schenkung oder Immobilienübertragung für den Empfänger maximale Sicherheit und bieten Schutz des Erlangten vor späteren Zugriffen von Erben oder eben nicht bzw. nicht gleichsam bedachten Erben.
Insbesondere bei umfassenden Vorbehalten zugunsten des Schenkers können unbedachte Folgeprobleme entstehen, wie z. B. Fristen nicht anlaufen, so dass eine Wertabschmelzung nicht stattfindet. Dann ist das Unverständnis groß und ein weiterer Streit häufig vorprogrammiert. Insoweit möchte ich die Rechtsprechung des BGH zum sogenannten Genussverzicht anhand von Beispielen näher erläutern. Ergänzend zu Dr. Urzowski‘s Ausführungen möchte ich betonen, dass es daher sehr wichtig ist, tragfähige Lösungen auf den Einzelfall individuell anzupassen und auch andere gestalterische Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen. Die Lösung bzw. die zu treffende Vereinbarung muss – wie sagt man so schön – auch entsprechend zu Ende gedacht werden.
nnz: Wird dies nicht schon immer gemacht?
Dr. Eric Urzowski (Notar): Leider nein, häufig stecken Erblasser und nicht zuletzt die Erben – wie der Strauß – den Kopf in den Sand, anstatt sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Entscheidungen, besser gesagt Entscheidungsfindungsprozesse, werden so lange wie möglich hinausgeschoben. Meist stehen Befürchtungen im Raum, dass vielleicht innerfamiläre Spannungen eskalieren. Verständlich, denn im Alter will jeder von uns doch nur eins, sich im Kreise der Familie harmonisch mit seinen Angehörigen verstehen. Gerade hier sind aber auch die Erben gefragt, aktiv zu werden. Lassen gerade sie die Hände im Schoß, müssen sie später mit den gesetzlich vorgegebenen Folgen leben. Dies kann bedeuten, sich mit Familienangehörigen auseinandersetzen müssen, zu denen Sie schon seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr haben.
Susann N. Döring (Rechtsanwältin): Richtig! Oft höre ich: So schlimm wird es schon nicht werden. Meist trügt diese Hoffnung. Oft entstehen innerfamiläre Spannungen schon dadurch, dass die beteiligten Parteien die Situation und die daraus entstehenden Konsequenzen nicht bzw. nicht vollständig nachvollziehen können. In jedem Fall müssen die Vorteile eines Immobilienbesitzes auch mit den daraus entstehenden Belastungen abgewogen werden. In diesen Gesprächen zur Entscheidungsfindung muss klar gesagt werden, dass die Übernahme eines Immobilienbesitzes mit Verantwortung und finanziellen Verpflichtungen einhergeht.
Aktuell bereiten auch vielen Menschen die hohen Kosten der Pflege Kopfzerbrechen. Auch hier muss eine individuelle Lösung gefunden werden, so dass eine Immobilie bei der Notwendigkeit einer stationären Pflege des Erblassers nicht zum existenziellen Problem für denjenigen wird, der die Immobilie übernommen hat. Dies kann passieren, wenn die Kosten der Pflege die Rücklagen des Erblassers übersteigen. In einem solchen Fall kann das Sozialamt noch 10 Jahre rückwirkend auf den Immobilienbesitz zurückgreifen, sofern eine Schenkung die Basis zur Übertragung des Immobilienbesitzes an die nächste Generation war. Mein Tipp: Reden Sie rechtzeitig mit Ihren Angehörigen und zwar unter fachkundiger Begleitung.
nnz: Vielen Dank für das Gespräch. Im Terminkalender der nnz gibt es aktuell die konkreten Daten mit allen wichtigen Informationen.
Autor: psg
nnz:Der 4. Immobilienabend des IET-Südharz findet gemeinsam mit und in den Räumen der VR Bank in Thüringen eG in Nordhausen statt. Was macht gerade dieses Thema so interessant?
Dr. Eric Urzowski (Notar): In den letzten Jahren rückte das Thema der Vertragsgestaltung zur vorweggenommenen Erbfolge immer mehr in den Vordergrund. Die primäre Aufgabe eines Notars besteht darin, die Parteien in Rechtsgeschäften umfassend und unparteiisch zu beraten. Schon wenn zwei Erben als Begünstigte in Frage kommen, sollte für die Immobilie im Familienbesitz eine Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge erwogen werden.
Allerdings sollte der Entscheidung ein sorgfältiger Abwägungsprozess vorausgehen. Zudem müssen sich die beteiligten Parteien darüber einig sein, überhaupt eine individuelle Regelung vor dem Ableben des Erblassers zur Übertragung des Immobilienbesitzes zu vereinbaren. Eine wichtige Rolle spielt auch, ob zwischen Erblasser und Erben Einigkeit besteht, insbesondere wenn durch die Übertragung eine Partei womöglich bevorzugt und die andere benachteiligt wird.
Umgekehrt ist die Einigkeit innerhalb der Familie indes kein zwingendes Kriterium, um eine den Vermögensübergang im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zu regeln. Meine Aufgabe sehe ich dann auch darin, zu vermitteln. Ziel soll jedenfalls immer sein, das Streitpotenzial innerhalb der Familie durch die zu treffenden Regelungen zur vorweggenommenen Erbfolge soweit als möglich zu minimieren.
Susann N. Döring (Rechtsanwältin): Genau, nur ist dies leichter gesagt als getan. Immer dann, wenn ein Erblasser erkennt, dass die gesetzliche Erbfolge bestimmte Personen in seinem Verwandtenkreis begünstigt, welche er selbst jedoch nicht bedenken will, sollte gehandelt werden. Mit meinem Vortrag Erbfall was nun? Wird die lebzeitig übertragene Immobilie zum Problem? möchte ich den Gästen unserer Veranstaltung den Blick auf die in der Praxis möglicherweise entstehenden Konsequenzen öffnen. Nicht immer versprechen lebzeitig getätigte Verfügungen, z. B. in Form einer Schenkung oder Immobilienübertragung für den Empfänger maximale Sicherheit und bieten Schutz des Erlangten vor späteren Zugriffen von Erben oder eben nicht bzw. nicht gleichsam bedachten Erben.
Insbesondere bei umfassenden Vorbehalten zugunsten des Schenkers können unbedachte Folgeprobleme entstehen, wie z. B. Fristen nicht anlaufen, so dass eine Wertabschmelzung nicht stattfindet. Dann ist das Unverständnis groß und ein weiterer Streit häufig vorprogrammiert. Insoweit möchte ich die Rechtsprechung des BGH zum sogenannten Genussverzicht anhand von Beispielen näher erläutern. Ergänzend zu Dr. Urzowski‘s Ausführungen möchte ich betonen, dass es daher sehr wichtig ist, tragfähige Lösungen auf den Einzelfall individuell anzupassen und auch andere gestalterische Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen. Die Lösung bzw. die zu treffende Vereinbarung muss – wie sagt man so schön – auch entsprechend zu Ende gedacht werden.
nnz: Wird dies nicht schon immer gemacht?
Dr. Eric Urzowski (Notar): Leider nein, häufig stecken Erblasser und nicht zuletzt die Erben – wie der Strauß – den Kopf in den Sand, anstatt sich mit der Situation auseinanderzusetzen. Entscheidungen, besser gesagt Entscheidungsfindungsprozesse, werden so lange wie möglich hinausgeschoben. Meist stehen Befürchtungen im Raum, dass vielleicht innerfamiläre Spannungen eskalieren. Verständlich, denn im Alter will jeder von uns doch nur eins, sich im Kreise der Familie harmonisch mit seinen Angehörigen verstehen. Gerade hier sind aber auch die Erben gefragt, aktiv zu werden. Lassen gerade sie die Hände im Schoß, müssen sie später mit den gesetzlich vorgegebenen Folgen leben. Dies kann bedeuten, sich mit Familienangehörigen auseinandersetzen müssen, zu denen Sie schon seit Jahrzehnten keinen Kontakt mehr haben.
Susann N. Döring (Rechtsanwältin): Richtig! Oft höre ich: So schlimm wird es schon nicht werden. Meist trügt diese Hoffnung. Oft entstehen innerfamiläre Spannungen schon dadurch, dass die beteiligten Parteien die Situation und die daraus entstehenden Konsequenzen nicht bzw. nicht vollständig nachvollziehen können. In jedem Fall müssen die Vorteile eines Immobilienbesitzes auch mit den daraus entstehenden Belastungen abgewogen werden. In diesen Gesprächen zur Entscheidungsfindung muss klar gesagt werden, dass die Übernahme eines Immobilienbesitzes mit Verantwortung und finanziellen Verpflichtungen einhergeht.
Aktuell bereiten auch vielen Menschen die hohen Kosten der Pflege Kopfzerbrechen. Auch hier muss eine individuelle Lösung gefunden werden, so dass eine Immobilie bei der Notwendigkeit einer stationären Pflege des Erblassers nicht zum existenziellen Problem für denjenigen wird, der die Immobilie übernommen hat. Dies kann passieren, wenn die Kosten der Pflege die Rücklagen des Erblassers übersteigen. In einem solchen Fall kann das Sozialamt noch 10 Jahre rückwirkend auf den Immobilienbesitz zurückgreifen, sofern eine Schenkung die Basis zur Übertragung des Immobilienbesitzes an die nächste Generation war. Mein Tipp: Reden Sie rechtzeitig mit Ihren Angehörigen und zwar unter fachkundiger Begleitung.
nnz: Vielen Dank für das Gespräch. Im Terminkalender der nnz gibt es aktuell die konkreten Daten mit allen wichtigen Informationen.