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Ein schlechtes Gefühl

Donnerstag, 17. November 2022, 13:00 Uhr
"Die Welt um mich herum macht mir immer mehr Angst! Bin ich aber wirklich vom Paulus zum Saulus mutiert oder hat sich einiges um mich herum nicht gerade zum Vorteil verändert?" So beginnt ein Leserbrief an die Redaktion der Nordthüringer Online-Zeitungen...


Lange Zeit, ja eigentlich sogar schon Jahrzehnte habe ich Grün gewählt, weil ich fest davon überzeugt war, dass Umwelt und Naturschutz viel zu kurz gekommen waren. Derzeit sind die Grünen (aber auch die Linken) für mich aber absolut nicht mehr wählbar. Aber warum? Ist mir die Umwelt und der Naturschutz nicht mehr so wichtig, oder sind die Ziele vielleicht sogar schon erreicht? Mitnichten!

Auch bin ich fest der Meinung, dass in der Vergangenheit viel zu wenig in Bezug auf den Umweltschutz getan wurde. So hat man, trotz anderwärtiger Untersuchungen z.B. die Bahn stiefmütterlich vernachlässigt und somit u.a. ein LKW-Chaos auf den Straßen verursacht. Der Plastikmüll insbesondere in den Weltmeeren hat in einer unvorstellbaren Menge zugenommen und eine Lösung ist nicht in Sicht (wie z.B. im Bericht von Phoenix TV „Die Recyclinglüge “dargestellt). Das Artensterben und die Abholzung von Urwäldern schreiten immer weiter voran. Diese Beispiele ließen sich fast unbegrenzt fortsetzen.

Mir ist auch klar, dass die neue Regierung diese Probleme nicht sofort lösen kann. Wenn jetzt aber teilweise eine unüberlegte Brechstangenpolitik betrieben wird, die zudem noch äußert stark ideologisch gefärbt ist, so verängstigt mich, dass zu tiefst.

Denn wenn Deutschland seine Rolle als wichtiger Industriestandort und vor allem als ein Land, dass viele Innovationen auch in Bezug auf Umwelttechnologien getätigt hatte verliert, ist keinem geholfen. Gerade im Umweltschutz lässt sich auch sehr viel mit neuen Technologien erzielen. Wir verlieren aber immer mehr den Anschluss an die führenden Länder.

Unsere Bildungspolitik ist bestenfalls noch schlechtes Mittelmaß. Aber wir haben ja wichtigere Themen wie Gendern, Unisextoiletten Regenbogenfahnen usw. auf der Tagesordnung. Auch in Hinblick auf die Atomkraft ist aus meiner Sicht so einiges schiefgelaufen. Es ist sicherlich eine Technologie von der wir uns mittelfristig verabschieden müssen. Dieses auch in Hinblick auf das nicht gelöste Endlagerungsproblems. Während aber unsere Nachbarn zum Teil sehr alte Kernkraftwerke weiterlaufen lassen und neue bauen, schalten wir unsere sicheren Kernkraftwerke ab.

Dabei ist, genauso unumstritten die Tatsache, dass die Atomkraft insbesondere in der jetzigen Krise uns sicherlich noch eine Weile erhalten bleiben muss. Noch haben wir nicht ansatzweise die Möglichkeit uns durch erneuerbare Energien sicher zu versorgen. Deshalb war es auch unverantwortlich, von unserem Wirtschaftsminister seine erste Entscheidung zur Laufzeitverlängerung vorgenommen zu haben. Eine ergebnisoffene Prüfung wurde nie vorgenommen! Selbst die Ratschläge von Fachleuten (auch aus den eigenen Reihen) wurden ignoriert. Dieses aus ideologischen Gründen. Dabei wurde sogar ein Blackout der direkt und indirekt viele Menschenleben kosten könnte in Kauf genommen! Ach in Sachen Wirtschaftskraft (bedingt u.a. auch durch die Energiepolitik) verliert Deutschland deutlich, viele Betriebe gehen pleite oder wandern ab. Deutschland hat daher in vielen Bereichen die schlechtesten Daten von den entwickelten Industrienationen.

Aber auch in Hinblick auf die Toleranz haben die Grünen nach meiner Meinung ihr wahres Gesicht gezeigt. Ich hatte die Grünen als eine tolerante, pazifistische Partei in Erinnerung. Ja manchmal war es schon ein bisschen schrullig mit der Strickerei im Bundestag und auch der Pazifismus bis zur Selbstaufgabe ging mir manchmal zu weit.

Jetzt stelle ich zunehmend fest, dass die Toleranz bei vielen nur noch dann da ist, wenn man Ihnen nach dem Mund redet. Sehr schnell werden abweichende Meinungen bestenfalls ignoriert manchmal aber auch unsachlich und teilweise auch bösartig zurückgewiesen. Sehr schnell wird die Nazikeule herausgeholt. Was nicht grün und links ist wird sehr schnell in die „rechte Ecke“ geschoben. Die Bergriffe Rassismus, Sexismus werden fast inflationär verwendet. Dabei wird teilweise so getan, als wenn Rassismus und die sogenannte kulturelle Aneignung eine Einbahnstraße ist. Aber auch ich muss mich nicht als „Kartoffel“ oder ähnliches beschimpfen lassen.

Um aber zurück zur Energie zu kommen möchte ich folgendes feststellen. Erneuerbare Energien sind sehr wichtig und ihr Ausbau sollte auch weiter vorangetrieben werden. Wie wichtig mir dieses ist zeigt sich auch daran, dass ich schon sehr lange die Solartechnik nutzen wollte und ich glücklich war, als der Traum 2005 endlich wahr wurde. Seitdem haben wir sowohl Fotovoltaik als auch die Warmwassererzeugung auf der gesamten nutzbaren Dachfläche installiert und das alles ohne Klimakleber. Aber Deutschland ist auch bedingt durch seine geografische Lage (nach Expertenmeinung) derzeit noch keinesfalls in der Lage seinen Energiebedarf durch erneuerbare Energien zu decken. Zu lang und zu unberechenbar sind die s.g. Dunkelflauten und das ausgerechnet in einer relativ energieintensiven Zeit.

Diese sehr großen Schwankungen merke ich auch sehr deutlich bei meiner eigenen Anlage. Vielleicht ist es bald möglich dieses Problem durch technische Innovationen (funktionierende und umweltfreundliche Speichertechnik) zu lösen, aber bis dahin ist es leider noch ein weiter Weg.

Mit sehr viel Geld werden E-Autos gefördert das hat schon dazu geführt, dass die Förderung (insbesondere bei sehr hochpreisigen E-Autos) mitgenommen werden und die Autos später für den Neupreis ins Ausland verkauft werden. Auch die Erzeugung und die Entsorgung der Altbatterien (von Recycling kann man hier leider nur sehr bedingt reden) ist ökologischer Sicht sehr umstritten. Weltweit werden riesige Naturzerstörungen und quadratkilometerweise der Regenwald gerodet um an die knappen Rohstoffe für die Batterien zu gelangen.

So werden zum Beispiel in Indonesien (wo der Regenwald schon seit längeren sehr stark zurückgeht) sehr große Bereiche z.B. für den Nickelabbau (Quelle Regenwaldreport Rettet den Regenwald) gerodet. Nun will ich keinesfalls gegen die E-Autos herziehen, aber eine besonnene und durchdachte Lösung ist hier unbedingt anstrebenswert. Denn neben dem sogenannte Biosprit aus Palmöl werden auch hier viele Fakten einfach "in den Skat gedrückt".

Die Weltbevölkerung ist offiziell auf 8 Milliarden Menschen angewachsen. Deutschland hat mit seinen etwas über 80 Millionen ca. einhundertstel davon, oder anders ausgedrückt ungefähr ein Prozent. Wir haben rund zwei Prozent des weltweiten CO2 Ausstoßes. Auch in Hinblick auf den pro Kopf Ausstoß sind wir nicht mal bei den ersten 30 Staaten. Das soll nicht bedeuten, dass wir die Hand in den Schoß legen können. Auch eine gewisse Vorreiterrolle ist sicherlich sehr wichtig. Aber so tun, dass wir alleine die Welt retten können, wenn wir nur unserer Wirtschaft ruinieren, ist ohne jegliche Einsicht. Auch wird diese gigantische Zahl (8 Milliarden Menschen!) und vor allem der nicht enden vollende stetige Anstieg der Weltbevölkerung offiziell in keinen Zusammenhang mit den Umwelt- und Klimaproblemen gesehen.
Auch hier wird wieder nach dem alt bekannten Prinzip gehandelt „Es nicht sein kann, was nicht sein darf!“ Dieses Motto ging aber schon zu DDR- Zeiten nicht auf.

Auch der Wandel von einer zutiefst pazifistischen Partei zu einer Partei, die mit Waffen nur so um sich schmeißt ist äußerst verstörend. Frieden schaffen mit immer mehr Waffen. Auch Öl ins Feuer gießen, war schon immer ein profanes Mittel einen Großbrand zu lösen. Von Diplomatie keine Spur. Die Rüstungsindustrie hier insbesondere die US Amerikanische freut sich diebisch! Auch ich verurteile den Angriffskrieg heftig. Dieser Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen! Um aber die gesamten Zusammenhänge zu verstehen muss man sehr weit (mindestens 10 Jahre) zurückgehen. Auch die Rolle des Westens (was immer das auch ist!) ist hierbei gelinde ausgedrückt keinesfalls rühmlich.

Aus meiner Sicht lohnt es sich durchaus, den Vortrag des Schweizer Historikers Daniele Ganser zu diesem Themar anschauen. Weiterhin teile ich persönlich auch die Meinung von Herrn von Dohnanyi, dass dieser Krieg durchaus sogar noch in der letzten Minute vermeidbar war. Politiker wie ein Helmut Schmidt, Willy Brand, Hans-Dietrich Genscher oder Richard von Weizsäcker hätten hier sicherlich auch besonnener reagiert. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Nun bin ich vielleicht u.a. auch auf Grund meiner soliden Ingenieurausbildung (gute Kenntnisse u.a. in Mathematik, Physik sowie logisches Denken waren Vorrausetzung) vielleicht ein bisschen zu nachdenklich und hinterfrage viele der vermeintlich einfachen Antworten und Lösungen zu oft aber genau das zeigt einen auch die gravierenden Unterschiede zwischen manchen Nachrichten und der Realität auf. Die Welt besteht auch nicht nur aus Superhelden auf der einen Seite und Schurken auf der anderen Seite. Wir sind weder in einem Hollywood-Film noch in einem Computerspiel.

Ich möchte mit den Nachtgedanken von Heinrich Heine enden „Denk ich an Deutschland in der Nacht…….“ Viele Grüße
Sechzigplus, der Name des Autors ist der Redaktion bekannt
Anmerkung der Redaktion:
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Autor: psg

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