nnz-online
nnz-Forum zu "unverantwortlichen Äußerungen"

Grüne gegen Russland

Montag, 26. April 2021, 07:55 Uhr
In seinem Forumsbeitrag beschäftigt sich Bodo Schwarzberg mit Aussagen der bündnisgrünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zum Umgang mit Russland und ist verärgert über die seiner Meinung nach unverantwortlichen Äußerungen der Politikerin...

Gerade wurde Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin von Bündnis 90 Die Grünen gekürt. In die Traditionen der einstigen Pazifistenpartei scheint sie sich mit ihren Äußerungen gegenüber Russland aber nicht einreihen zu wollen.

Die frühere Sowjetunion hatte rund die Hälfte aller Toten des Zweiten Weltkrieges zu beklagen: 27 Mio. werden angenommen. Wenn wir über die Verantwortung Deutschlands sprechen, dann müssen wir auch über die Verantwortung gegenüber den Menschen in Russland sprechen.

Und als durchaus grün angehauchter und auf dieser Strecke aktiver deutscher Staatsbürger würde ich mir gerade von einer Ökopartei mehr Augenmaß und Respekt gegenüber dem größten Land der Erde und dessen Repräsentanten wünschen.

Denn ausgerechnet Annalena Baerbock forderte jüngst zum wiederholten Male einen harten Kurs gegenüber Russland und auch China. Offensichtlich hat sie die Wurzeln der Grünen komplett vergessen oder zugunsten eigener Machtinteressen längst verdrängt: Schließlich ging diese Partei aus der Anti-AKW- und der Friedensbewegeung hervor, also aus dem ganzen Gegenteil von dem, was Baerbock mit ihren auf Misstrauen und damit auf Abgrenzung fußenden Äußerungen vertritt.

Gerd Bastian und Petra Kelly beispielsweise gehörten zu den Ur-Grünen und sie waren durch und durch Pazifisten. Daran sollten sich potenzielle grüne Kriegstreiber wie Annalena Baerbock erinnern. Grüne Kriegstreiber? Ja, das ist wohl kein Populismus: Denn selbst der deutsche Außenminister Maas von der SPD musste ausgerechnet die „Öko“-Partei in Sachen Säbelrasseln mäßigen: „Wir kömnen kein Interesse daran haben, uns in dieses Konfronatationsgeschrei einzureihen. Wir wollen einen Dialog und eine gute Nachbarschaft mir Russland“, sagte er gegenüber der Online-Ausgabe der FAZ.

Eine Verschärfung der Konfrontation mit Russland macht unweigerlich einen wohl alles höhere Leben vernichtenden Atomkrieg wahrscheinlicher, das müssten gerade die aus der Anti-AKW-Bewegung hervorgegangenen Grünen eigentlich wissen und in ihr politisches Handeln einbeziehen. Annalena Baerbock wäre als Kanzlerin ein Sicherheitsrisiko, sollte sie sich nicht an die Jahrzehntelangen Bemühungen einiger Politiker Deutschlands erinnern, selbst in schwierigsten Zeiten Vertrauen zwischen dem Westen und der damaligen Sowjetunion aufzubauen.

Welches aber von ersterem gleich nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Bau der ersten Atombomben und deren Abwurf auf Japan, der Begründung des „Eisernen Vorhanges“ durch den früheren britischen Prenierminister Churchill (der Begriff stammt von ihm) und nach der Wende mit einer geradezu hemmungslosen NATO-Osterweiterung und Aufrüstung missbraucht wurde.

738 Mrd. Dollar gaben allein die USA 2020 für ihre Rüstung aus, das sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen! Russland bezahlte "gerade einmal" 60 Milliarden für Panzer, Raketen und Kanonen. - Was übrigens gerademal 10 Mrd. Dollar weniger als die Militärausgaben des vergleichsweise winzigen Deutschlands sind.

Annalena Baerbock sollte daher, statt einer „harten Haltung“ gegenüber Russland, selbige zunächst gegenüber Washington fordern und sich gelegentlich der Opfer erinnern, die der beispielsweise vom Westen vom Zaun gebrochene bzw. von Deutschland tolerierte Vietnamkrieg oder der Irakkrieg mit ihren hundertausenden Toten kostete.

Übrigens: Unsere Presse ist voll von Berichten über die Behandlung des russischen Regimekritikers und Putin-Widersachers Nawalny. Dass der Whistleblower Assange, der das unmenschliche Verhalten des US-Militärs im Ausland mit Dokumenten belegte, in einer ähnlichen, menschlich und politisch hinterfragenswerten Situation wie Nawalny in Haft sitzt, davon liest man eher wenig in unserer Presse. - Vielleicht sollte Annalena Baerbock hier eine etwas ausgeglichenere Argumentation auch der deutschen politisch Verantwortlichen fordern, wenn sie als den Menschenrechten verpflichtete Grüne glaubwürdig sein möchte.

Ökologie bedeutet systemisches, globales Denken, weil alles von allem abhängt. Eine "Ökopartei", die aber neue Grenzen schafft oder bestehende zementiert, sollte ihren Namen ablegen bzw. unwählbar sein.

Im Juni soll es nach jüngsten Medienberichten und trotz der undiplomatischen Mörder-Vorwürfe Bidens gegenüber Putin zu einem Gipfeltreffen zwischen beiden Präsidenten kommen. - Dass Putin einem solchen Treffen offensichtlich trotzdem zustimmte, ist ihm hoch anzurechnen.

Vielleicht könnten die Grünen diesen positiven Ansatz in Sachen Friedenssicherung einmal lobend erwähnen und fördern, statt alte, verstaubte und konservative Feinbilder aus der Vorwendezeit zu pflegen.
Bodo Schwarzberg
Anmerkung der Redaktion:
Die im Forum dargestellten Äußerungen und Meinungen sind nicht unbedingt mit denen der Redaktion identisch. Für den Inhalt ist der Verfasser verantwortlich. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor.
Autor: red

Drucken ...
Alle Texte, Bilder und Grafiken dieser Web-Site unterliegen dem Urherberrechtsschutz.
© 2024 msh-online.de