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Aktuelle Zahlen in Corona-Zeiten wurden heute veröffentlicht

Statistiken sind vertrauensvoll

Montag, 29. März 2021, 18:00 Uhr
Weil man über Statistiken trefflich streiten kann und die weit verbreitete Meinung herrscht, keiner zu trauen, die man nicht selbst angefertigt hat, wollen wir Ihnen hier interessanteste Zahlen aus der „Sonderveröffentlichung Aktuelle Zahlen für Thüringen in Zeiten der Corona-Pandemie“ des Statistischen Landesamtes präsentieren...

Statistik zum Verhältnis Testungen und Infektionen (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik) Statistik zum Verhältnis Testungen und Infektionen (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik)


Heute wurde vom Thüringer Landesamt für Statistik die „Sonderveröffentlichung Aktuelle Zahlen für Thüringen in Zeiten der Corona-Pandemie, AUSGABE: MÄRZ 2021“ veröffentlicht. Wir haben uns mit einigen der Daten auseinandergesetzt, die vollständige Veröffentlichung finden Sie unter: statistik.thueringen.de

Tests
Die erste Abbildung oben zeigt uns die Anzahl der SARS-CoV-2-Testungen und die dabei auftretende Positivenquote in Deutschland. Wenig überraschend sind beide Kurven fast deckungsgleich. Also: je größer die Anzahl der Tests ist, desto mehr Infizierte werden erkannt. Der als Maßstab der politischen Entscheidungen zum Kriterium herangezogene 7-Tages-Inzidenz-Wert steigt seit einem bundesweiten Tiefpunkt in der 6. Kalenderwoche kontinuierlich wieder an. Das ist in etwa der Zeitraum, an dem dieser Wert auf die von der Bundesregierung vorgegebene Zahl von 50 zu fallen begann und Kanzlerin Merkel auf der Grundlage neuer Mutanten den Wert von 35 Infektionen je 100 000 Bewohner als neue Größenordnung für Lockerungen ins Spiel brachte.

Selbst im damals schon bezüglich des Infektionsgeschehens schlecht dastehenden Thüringen war der Wert zu diesem Zeitpunkt auf unter 100 gesunken (siehe die nächste Grafik des Thüringer Landesamtes für Statistik). Seitdem steigt er unaufhaltsam und ist offensichtlich auch vom immer noch geltenden Lockdown nicht aufzuhalten. Von der Glaubhaftigkeit gerade des PCR-Tests in Bezug auf den Nachweis des Sars-Cov-2-Virus’ und seiner Fehlerquote wollen wir hier gar nicht reden, denn davon steht auch nichts in den Statistiken des Landesamtes.

Kurve der Inzidenzzahlen  (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik) Kurve der Inzidenzzahlen (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik)


Impfungen
Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt mit Stand vom 25.März an, dass in Thüringen 234.541 Erstimpfungen (11 Prozent der Bevölkerung) und 108.342 Zweitimpfungen (5,1 Prozent) absolviert wurden. Beide Werte liegen deutlich über dem für ganz Deutschland, denn hier sind erst 9,8 Prozent mit einer Erst- und 4,3 Prozent mit einer Zweitimpfung versehen worden.

Todesfälle je 100 000 Einwohner
Besonders schwierig wird es für die Statistik, wenn Todesfälle pro 100 000 Einwohner erfasst werden sollen, die entsprechenden Gebiete aber gar nicht so viele haben. So hat der Landkreis Nordhauen eine Mortalität (das heißt, so viele sind seit Ausbruch der Pandemie gestorben) von 57,5 je 100 000. Real sind aber nur 48 Todesfälle durch oder im Zusammenhang mit dem Virus zu beklagen, weil der Landkreis nur über 85 000 Einwohner verfügt. Ähnlich ist die Lage im Kyffhäuserkreis mit einer Mortalitätsrate von 150,9 je 100 000, aber in Wirklichkeit 112 Verstorbenen. Darunter sind sechs dazugezählte Todesopfer, die erst später an den Folgen der Erkrankung verstorben sind. Im Eichsfeldkreis decken sich die Zahlen, 172 Todesfälle bedeuten auch 172 Gestorbene auf 100 000 Einwohner. Der Unstrut-Hainich-Kreis schließlich hatte bisher 210 Corona-Tote, die Quote je 100 000 Bewohner liegt hier bei 205,4.

Landesweit wurden im ersten Jahr seit Bekanntwerden der Krankheit 150,9 Todesfälle pro 100 000 Thüringer verzeichnet. Das ist in Deutschland der Spitzenwert im Verhältnis, jedoch nehmen sich die 3220 Toten im Gegensatz zu den Verstorbenen in bspw. Bayern oder Nord-Rhein-Westfalen (NRW) in absoluten Zahlen eher gering aus. 13 000 tote Bayern bedeuten eine Mortalitätswert von 99 je 100 000 und in NRW sind es bei über 13 000 Opfern sogar nur 78 Tote je 100 000 Bewohnern.

Vergleich Europa
Gern wird darüber gestritten, ob der schwedische Weg der Krisenbekämpfung mit einem Verzicht auf strenge Lockdowns, wie Deutschland nun schon den dritten erlebt, besser oder schlechter als der unsere war.

Schweden
In Schweden infizierten sich nachweislich 755 637 der dort lebenden 10,23 Millionen Menschen. Das sind reichlich sieben Prozent der Bevölkerung. Der 14-Tage-Inzidenzwert der Skandinavier liegt aktuell bei 597,1. Die 14-Tage-Mortalität liegt jetzt bei 13,7. Verstorben sind aufgrund der Erkrankung von März 2020 bis März 2021 insgesamt 13 314 Schweden (etwas mehr als 0,1 Prozent der ursprünglichen Bevölkerung).

Deutschland
In Deutschland sind bisher 2 667 225 Menschen bestätigt positiv getestet worden, was etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung entspricht. Der 14-Tage-Inzidenzwert zwischen Kiel und Zugspitze liegt aktuell bei 194,8, die 14-tägige Mortalitätsrate bei 33,4. Verstorben sind in Deutschland seit letztem März bis jetzt 74 714 Menschen, die etwas weniger als 0,1 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten.

Eine richtig hohe Mortalitätsrate hat momentan exemplarisch auch Estland mit seinen 1,33 Millionen Einwohnern. Allerdings sind in dem baltischen Staat bisher überhaupt nur 797 Menschen wegen des Corona-Virus verstorben.

Intensivbetten
Schwer krank auf Intensivstationen liegen in Deutschland derzeit 21 889 Patienten. Davon sind 3145 wegen einer Corona-Erkrankung dort, von denen wieder 1678 (reichlich die Hälfte) beatmet werden müssen. Alle deutschen Kliniken und Krankenhäuser verfügen heute über 26 774 Intensivbetten, knapp 5 000 davon sind frei.

Belegung der Intensivbetten in Deutschland (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik) Belegung der Intensivbetten in Deutschland (Foto: Thüringer Landesamt für Statistik)


In Thüringen sind aktuell 118 der insgesamt 770 Betten unbenutzt. In Krisenzeiten könnten medizinische Einrichtungen wie das Südharz Klinikum in Nordhausen aber noch um einiges aufstocken. Diese Anzahl an Notfallbetten auf Intensivstationen fehlt in der heutigen Statistik des statistische Landesamtes, ist aber im Register auf der Seite des Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) jederzeit einsehbar.

Wurde Intensivbetten abgebaut?
Diese heiß und kontrovers diskutierte Frage ist ganz einfach zu beantworten. Ja, es wurden wenigstens alle die Betten wieder abgebaut, die im Frühsommer 2020 aufgestellt wurden, weil mit einer Überlastung und hohen Zahlen schwer kranker Patienten gerechnet wurde. Diese Betten kamen aber zu keinem Zeitpunkt des Jahres zum Einsatz und den Einrichtungen wurde es schlicht zu teuer, sie weiter vorzuhalten (abgesehen davon wurden für die „Notfälle“ Räume umgestaltet, die eigentlich eine andere Funktion im Hause hatten).

Selbst die Faktenchecker der gemeinnützigen und unabhängigen Redaktion „Correctiv“ geben das in einer ihrer zahlreichen Recherchen gegen verbreitete „fake news“ zu: „Die Gesamtzahl der Intensivbetten in Deutschland ist zwar Anfang August leicht gesunken. Doch es gibt keine Belege dafür, dass die Betten absichtlich abgebaut wurden. Der Rückgang ist offenbar vor allem auf eine veränderte Zählweise der Statistik zurückzuführen. Zudem kann Personalmangel eine Rolle spielen. Wird die sogenannte Notfallreserve hinzugezählt, ist die Zahl der theoretisch verfügbaren Betten seit Juli sogar gestiegen.“

So lässt sich Verschwörungstheorien auch begegnen, mit vielen „zwar“ und „offenbar“ und „kann eine Rolle spielen“. Am Ende steht auf der Correctiv-Seite dann aber doch: „Tatsächlich beträgt die Differenz zwischen dem 24. Juli und dem 26. Oktober in der Grafik aber 3.566 Betten, was nur einem Rückgang von rund 11 Prozent entspräche.“

Dieser Rückgang bewirkt jetzt allerdings, dass von Seiten der Politik wieder verschärft gewarnt wird, dass das Gesundheitssystem überlastet werden könnte, wenn die nächste Mutante über uns herfällt.

Und die Älteren unter uns werden sich noch daran erinnern, dass ja schließlich die shutdown-Maßnahmen im März 2020 genau aus diesem Grunde ergriffen worden: unser Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen, damit es nicht kollabiert.
Olaf Schulze  
Autor: osch

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