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Zuchtstation in Sangerhausen in der Kritik

Freie Wähler wollen keine Hamster-Nobelhütte

Sonntag, 27. September 2020, 08:29 Uhr
„Zwei Drittel der Sangerhäuser Stadträte haben gegen den Bau einer Hamsterzuchtstation in Sangerhausen gestimmt. Ich bin sicher: Das war kein Votum gegen die Hamster oder die Natur, sondern eines für die Menschen, die hier das Geld für ganz andere Projekte benötigen“, erklärt Jens Diederichs, der Kreisvorsitzende Mansfeld-Südharz der Freien Wähler...



Diese Seite der Medaille solle man sehen, bevor man anfange, die Entscheidung des Sangerhäuser Stadtrates zu kritisieren, meint Diederichs mit Blick auf den BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Der Verein sei bekannt dafür, Projekte auszubremsen – ob im Wohnungsbau, bei der Vertiefung von Flüssen und Hafenzufahrten, im Straßenbau oder in der Stromnetzausbauplanung. Oder schlicht bei der Nutzung eines seit langer Zeit geplanten 160 Hektar großen Gewerbegebiets westlich von Sangerhausen.

Weil dort vor einigen Jahren zwei Feldhamster entdeckt wurden, bremste der BUND das Industrieparkprojekt bei Sangerhausen. Er forderte die Umsiedlung der Tiere und den Verzicht der Kommune auf weitere Bauprojekte an dem Ort. Außerdem verlangte der BUND den Bau einer Hamsteraufzuchtstation, die er gemeinsam mit der Stadt betreiben wollte. Und Sangerhausen sollte die Ansiedlungsflächen kaufen. Diederichs, der auch im Landtag sitzt, meint: „Ich will hier nichts unterstellen. Aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass von den ganzen geforderten Maßnahmen weniger die Hamster profitieren als der BUND selbst.“ Weiter sagt er: „Mir scheint, der Hamster ist hier nur Mittel zum Zweck. Neben den Baukosten fallen immerhin für zehn Jahre einige gut dotierte Posten an. Wer die bekommt, entscheidet vermutlich der BUND selbst.“

Überhaupt seien die Kosten der Hamsteraufzuchtstation unverhältnismäßig, so der Kreisvorsitzende der Freien Wähler. 2017 war noch die Rede von 816.000 Euro Baukosten plus jährlich 150.000 Euro, in zehn Jahren also 2,316 Millionen Euro, was sich, wie in der Baubranche üblich, inzwischen aber vermutlich weiter nach oben bewegt habe. Jens Diederichs: „Selbst wenn es ein paar Mittel aus dem ohnehin klammen Landeshaushalt gibt: Diese Summe ist für die hoch verschuldete Stadt Sangerhausen – im vergangenen Jahr waren es noch 46 Millionen Euro – schlichtweg untragbar. Und bei unserem strukturschwachen Landkreis sieht es nicht besser aus. Mansfeld-Südharz ist leider einer der ärmsten Landkreise Deutschlands. Und erinnern wir uns, wofür der BUND diese Kampagne schürt: für zwei Hamster. Mehr wurden seinerzeit, als die Halle für die Mifa gebaut werden sollte und die Anwesenheit der Hamster bekannt wurde, ja gar nicht gefunden. Wer angesichts dieser Tatsachen noch eine Hamster-Nobelhütte als Quartier für zwei Hamster verlangt, ist schlichtweg weltfremd.“
Jochen Miche
Autor: red

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