eic kyf msh nnz uhz tv nt
Mo, 07:00 Uhr
20.11.2017
Naturgips, Rea-Gips oder Recycling-Gips?

Nordhäuser Forscherteam will einen Weg erkunden

Ein Forscherteam der Nordhäuser Hochschule hat sich auf den Weg gemacht, um eine gesamte Branche der Rohstoffgewinnung zukunftsfähig zu machen. Es geht dabei nicht nur um theoretische Ansätze, sondern Millionen Euro für die Region des Südharzes. Es geht auch um Naturschutz und es geht um Arbeitsplätze…

Natur und Gipsproduktion können im Einklang gehalten werden. (Foto: J. Poerschke) Natur und Gipsproduktion können im Einklang gehalten werden. (Foto: J. Poerschke)
WIR, das ist nicht nur das Personalpronomen der 1. Person Plural, WIR ist auch die Abkürzung für “Wandel durch Innovation in der Region”. Aufgelegt in Berlin, soll mit Projekten der Strukturwandel vor allem in den ostdeutschen Bundesländern unterstützt und forciert werden.

Anzeige symplr
Es sind also Projekte gefragt, die nicht punktuell angelegt sind, sondern von denen eine komplette Region profitieren könnte. Das könnte doch zum Beispiel der Südharz sein, dachten sich Prof. Dr. Jürgen Poerschke und sein Forschungsteam, denn neben vielen anderen Projekt-Kriterien steht eine gewisse Strukturschwäche einer Region zentral im Raum.

Das Programm wendet sich also bewusst nicht an die Leuchtturm-Regionen wie Jena oder Weimar, Dresden oder Leipzig. Wo also liegen die Reserven, wo die Chancen der Südharzer Region, stand für das Poerschke-Team als zentrale Frage im Mittelpunkt. Die Antwort darauf ist in nahezu jeder Wohnung, jedem Haus zu finden: Im Gips. Exakter formuliert, im Recyceln von Gipsprodukten.

Grafik (Foto: Quellennachwies am Textende) Grafik (Foto: Quellennachwies am Textende)
Diese Grafik beschreibt die Ausgangssituation: Wenn bis zum Jahr 2050 auch weiterhin auf Gips als Baustoff gesetzt werden muss, dann kommt die Wirtschaft bei Beibehaltung der jährlichen Herstellungsmenge um die Ausweitung des Rohstoffabbaus nicht umhin. Moderat werde zwar der Einsatz von Recyclinggips zunehmen, allerdings werde der Anfall von Rea-Gips aus Kohleheizkraftwerken auf nahezu Null zurückgehen. Interessenten müssten dazu nur die aktuellen Sonderierungs-Diskussionen in Berlin verfolgen.

“Wir müssen also Prozesse und Technologien erforschen, die den Anteil von Recyclinggips erhöhen, damit letztlich der Anteil des Naturgipses wenigstens konstant gehalten werden kann. Das ist unser Ansatz und wir denken, dass wir in der Südharzer Region dazu nicht nur alle Komponenten, sondern auch die entsprechenden Partner vorfinden”, beschreibt Prof. Poerschke die Intention, mit der sich sein Team beim Bundesministerium beworben hat.

“Am letzten Tag im Oktober haben wir in Berlin unsere Projektskizze eingereicht und wir sind stolz, dass wir im Thüringer Wirtschaftsministerium sowie im Umweltministerium eine starke politische Unterstützung erhalten haben. Von den eingereichten Skizzen werden in Berlin 20 ausgewählt, die dann in eine siebenmonatige Konzeptphase überführt werden können. Hierfür stellt der Bund rund 200.000 Euro zur Verfügung”, beschreibt Katrin Schmidt den Weg, der nun eingeschlagen wurde.

Gelingt es den Nordhäuser Wissenschaftlern, diese Konzeptphase erfolgreich abzuschließen und in den Kreis von zwölf ausgewählten Projekten zu gelangen, dann steht eine mehrjährige Umsetzungsphase an. Hierfür wird der Bund zwischen fünf und acht Millionen Euro zur Verfügung stellen. Geld, das in die Region fließen wird und - das ist das hehre Ziel - Arbeitsplätze schaffen kann. Dazu später.

Grafik: Das ist das Ziel (Foto: Quellennachweis am Textende) Grafik: Das ist das Ziel (Foto: Quellennachweis am Textende)
Doch es wird ein weiter Weg sein, der gemeinsam mit Partnern zu gehen ist. Partnern aus der Wirtschaft, der Politik, Umweltverbänden, der Landwirtschaft und der Forschung, wie zum Beispiel der Bauhaus-Universität Weimar. Drei Teilbereiche haben die Bündnispartner aufgeschrieben: 1. Die Rückführung von Gipsprodukten aus der gesamten Republik. 2. Die Aufbereitung der Gipsprodukte. So ist zum Beispiel für die Problemstellung der Aufbereitung die Casea GmbH in Ellrich verantwortlich. An diesem Standort könnte zum Beispiel eine modular ausgerüstete Aufbereitungsanlage etabliert werden. eine Anlage, an der auch getestet und probiert werden kann. 3. Die Verwertung des recycelten Materials. Hierfür haben sich die Nordhäuser Kompetenz der Bauhaus-Uni Weimar an Bord geholt.

Das gesamte Vorhaben “Gipsrecycling als Chance für den Südharz” wird von der Hochschule Nordhausen koordiniert. Das Forschungsteam und viele andere Mitstreiter werden in der Konzeptphase für die organisatorische, methodische und strategische Leitung des Prozesses verantwortlich sein. Eine Herausforderung für das Wissenschaftlerteam. Doch die lohnt sich, kann bei einer Realisierung eine komplette Region in mehrfacher Weise davon profitieren. Zum einen wird der Rohstoffabbau auf einem verträglichen Level gehalten, zum anderen kann eine Zukunftstechnologie entwickelt werden, die in der Region Arbeit schaffen wird. Auch deshalb sind derart viele Partner mit an Bord, denn “hier hat eine gesamte Region die Möglichkeit, sich einzubringen und damit auch ein starkes Signal in Richtung Berlin zu senden”, sind sich Katrin Schmidt und Prof. Jürgen Poerschke einig.
Peter-Stefan Greiner

Quelle Grafiken: Gipsabbau, Ressourceneffizienz, REA-Gips, Recyclinggips als sekundäre Rohstoffe“. Dr. Jörg Demmich, BV Gips
Autor: red

Kommentare
Nikamo
22.11.2017, 15.28 Uhr
Anmerkungen zu Ihrem Artikel
Guten Tag Herr Greiner,
da Sie mich in Ihrem Artikel zitieren, erlaube ich mir, diesen kurz zu kommentieren:
1. Als Vorsitzender des Arbeitsausschusses Rohstoffe und Umwelt des BV Gips begrüße ich ausdrücklich Ihre Aussagen und die Intentionen von Herrn Prof. Poerschke, mit F&E-Arbeiten das Gipsrecycling zu fördern. Der BV Gips ist sehr gerne zu einer Zusammenarbeit mit der Nordhäuser Hochschule bereit.
2. Bei der 2. Grafik handelt es sich jedoch um ein Missverständnis: Wenn der Rohstoffbedarf der deutschen Gipsindustrie (aktuell mehr als 6 Mio. t/a) zu 50 % aus RC-
Gips gedeckt werden sollte, müssten mindestens 3 Mio. t/a RC-Gips mit der erforderlichen Qualität zur Verfügung stehen. Aktuell fallen ca. 650.000 t/a "Bauabfälle auf Gipsbasis" an, von denen ca. 50 % recycelbar sind, also 325.000 t/a. Selbst bei Weiterem Zuwachs wird der RC-Gips die zunehmend auftretende "REA-Gips-Lücke" bei weitem nicht füllen können. Basis der im Artikel enthaltenen Zahlen ist vermutlich mein Vortrag bei der arko Bauplanung in Nordhausen am 22.04.2016. Hier habe ich ausgeführt, dass "50% der Gipsabfälle Gipsplattenabfälle mit hohem Recyclingpotential sind". Daher kommen die 50%, allerdings in anderem Zusammenhang.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.-Ing. Jörg Demmich
_____________________________________
Anmerkung der Redaktion: Die Grafik wurde der Redaktion von der Hochschule zur Verfügung gestellt.
Kommentare sind zu diesem Artikel nicht mehr möglich.
Es gibt kein Recht auf Veröffentlichung.
Beachten Sie, dass die Redaktion unpassende, inhaltlose oder beleidigende Kommentare entfernen kann und wird.
Anzeige symplr
Anzeige symplr