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Sa, 14:29 Uhr
23.04.2016
Pflanzaktionen in Generationenwäldern

Wiederkommen, wenn die Blätter rot werden

„Bestimmt stehe ich mal hier mit meinem Kind und gucke mir meinen Baum an.“ Lisa dachte sich schon in eine Rolle 20 Jahre später, wenn sie an Stelle ihrer Mutter Janina hier im Saaleholz zwischen Holzzelle und Rothenschirmbach kommen und sich die Roteiche betrachten wird, die sie heute Morgen zwischen 10 und 11 Uhr gemeinsam mit ihren Eltern Janina und David gepflanzt hat...

Wald macht glücklich, und erst recht, Bäume pflanzen. Das finden jedenfalls die Volkmaritzer Eltern Janina und David und ihre Kinder Ida Luisa und Lisa (von links).  (Foto: Jochen Miche) Wald macht glücklich, und erst recht, Bäume pflanzen. Das finden jedenfalls die Volkmaritzer Eltern Janina und David und ihre Kinder Ida Luisa und Lisa (von links). (Foto: Jochen Miche)

Die einstigen Hamburger, die inzwischen die Anstrengungen und Freuden des Lebens auf dem Dorf genießen, kamen aus Volkmaritz in der Gemeinde Neehausen in den Generationenwald. Hier pflanzten sie mit und für Lisa und ihre noch im Kinderwagen neugierig die Baumwipfel über sich betrachtende Schwester Ida Luisa zwei Roteichen. Die dazu passenden Namensschilder hatte Vater David aus Baumscheiben und Holzstielen selbst angefertigt.

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In den Wald eingeladen hatten der Forstbetrieb Süd des Landesforstbetriebs Sachsen-Anhalt, Sitz Obersdorf bei Sangerhausen. Hinter der Aktion „Generationenwald“ steckt das Ehepaar Bärbel und Eberhardt Nothmann. Die glückliche Symbiose: Sie, tätig beim Christlichen Jugenddorf (CJD) in Sangerhausen, hatte die Anfertigung der überaus ansprechenden Holzschilder mit eingefrästem Namen und Geburtsdatum der künftigen Baumpaten in der Tischlerei des CJD in die Wege geleitet.

Ihr Mann, der Forstwirtschaftsmeister, der seine Altersteilzeit nimmermüde für gesellschaftliche Interessen einsetzt, hatte diese Generationenwald-Aktion angeregt. Mit den offenkundig genau richtigen Partnern an ihrer Seite wurde diese Baumpflanzung heute zu einem echten Erfolg.

Bäume, die an das Unwetter vom 7. Juli 2015, kurz nach 20 Uhr erinnern, als zehn Minuten Orkan einen Riesenschaden in den Orten und Wäldern der Region angerichtet hatte. (Foto: Jochen Miche) Bäume, die an das Unwetter vom 7. Juli 2015, kurz nach 20 Uhr erinnern, als zehn Minuten Orkan einen Riesenschaden in den Orten und Wäldern der Region angerichtet hatte. (Foto: Jochen Miche)

Das heißt: Ein Erfolg ist wird es erst sein, wenn Frau Nothmanns Worte wahr werden, die sie den vielen Natur- und Lebensfreunden gewissermaßen ins Buch schrieb: „Der Forstwirtschaftsbetrieb hat sehr hochwertige Bäume zur Verfügung gestellt. Sie werden unter besten Bedingungen aufwachsen und gedeihen – etwas, was ich jedem der vielen Kinder hier ebenfalls wünsche. Und ich wünsche allen Kindern und ihren Eltern, dass sie möglichst oft herkommen und sagen können: Schau, das ist dein Baum, der extra für dich gepflanzt worden ist.“

Viele Menschen waren gekommen, um im Generationenwald ein Bäumchen zu pflanzen. (Foto: Jochen Miche) Viele Menschen waren gekommen, um im Generationenwald ein Bäumchen zu pflanzen. (Foto: Jochen Miche)
Unter den Kindern waren auch viele der Rothenschirmbacher Kindertagesstätte „Borstel“, die just heute ihren alljährlich einmal durchgeführten „Walderlebnistag“ hatte. Da passte es, dass vormittags gleich mal das Elternkuratorium mit Kita-Leiterin Anke Rabenhold mit in den Generationenwald kam und Bäume pflanzte. Am Nachmittag setzte sich das Programm der Kita mit der Fertigstellung eines „Waldsofas“ und einer Feierstunde in der Einrichtung fort.

Revierförster Manfred Kallmeier erklärte den Hintergrund der Aktion: „Am 7. Juli 2015 fegte für etwa zehn Minuten ein furchtbarer Sturm übers Land. Allein in diesem Wald wurden etwa 1.500 bis 2.000 Festmeter Holz vernichtet. Das heißt, dass eine bis anderthalb Generationen Wald hier in zehn Minuten zerstört worden sind. Für uns war das eine mittlere Katastrophe.“ Mit Hinweisen zum heutigen Vorhaben im Saalewald kehrte Kallmeier schließlich in die Gegenwart zurück und blickte nach vorn: „Die Roteichen, die heute gepflanzt werden, wachsen sicher hervorragend und lassen in künftigen Jahren hoffentlich auch das Herz jedes Försters ordentlich höher schlagen.“

Forstingenieurin Kathrin Jakob verteilte die Roteichen. Die Fachfrau beantwortete viele Fragen interessierter Waldfreunde. (Foto: Jochen Miche) Forstingenieurin Kathrin Jakob verteilte die Roteichen. Die Fachfrau beantwortete viele Fragen interessierter Waldfreunde. (Foto: Jochen Miche) Auch Kallmeier sprach von Bäumen mit hervorragenden Qualitätseigenschaften und informierte die Anwesenden: „Sollte doch ein Baum eingehen, dann werden wir dafür sorgen, dass jeder Baum nachgepflanzt wird.“ – Ein Qualitätsmerkmal, das wiederum für den Forstbetrieb Süd in Obersdorf spricht, denn damit nahm Kallmeier manchen Anwesenden die Sorge, dass ihr Kind eines Tages mal sein Bäumchen suchen und – vielleicht, weil Kleingeister oder die Natur selbst gewütet hatten – nicht mehr vorfindet.

Zeitgleich erfolgte heute im Wald zwischen Grillenberg und Wippra nahe den Pferdeköpfen an der Kohlenstraße eine Pflanzaktion „Generationenwald“. Dort wurden in Gegenwart von Holger Koth, dem Leiter des Forstbetriebs Süd des Landesforstbetriebs Sachsen-Anhalt, Obersdorf, 45 Bäume gepflanzt. Auch dies war, wie nahe Rothenschirmbach bereits Bärbel Nothmann unterstrichen hatte, eine Gemeinschaftsaktion zwischen Forstbetrieb, CJD, Landkreis Mansfeld Südharz und Forstamt Harz im Landeszentrum Wald. Für die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung insbesondere durch die Kreisverwaltung dankte Frau Nothmann ausdrücklich allen Beteiligten.

Theo Teichmann aus Kleinosterhausen, der im Mai drei Jahre alt wird, durfte fast alles selbst machen: seine Roteiche in die vorbereitete Grube stellen, Erde hineinschaufeln, sie festtreten (verdichten) und anschließend das tun, worauf er den ganzen Tag schon gewartet hatte: gießen. Forstwirtlehrling Caroline Fischer (zweite von rechts) half vielen beim Pflanzen mit Rat und Tat. (Foto: Jochen Miche) Theo Teichmann aus Kleinosterhausen, der im Mai drei Jahre alt wird, durfte fast alles selbst machen: seine Roteiche in die vorbereitete Grube stellen, Erde hineinschaufeln, sie festtreten (verdichten) und anschließend das tun, worauf er den ganzen Tag schon gewartet hatte: gießen. Forstwirtlehrling Caroline Fischer (zweite von rechts) half vielen beim Pflanzen mit Rat und Tat. (Foto: Jochen Miche)

Unterstützt wurden die Kinder, die hier ihren eigenen Baum setzen konnten, von ihren Eltern, Geschwistern und anderen Verwandten, aber auch von Freunden und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Zum Beispiel war Rothenschirmbachs Ortsbürgermeister Jürgen Grobe da, der mit Blick auf die vielen gut gelaunten Menschen und auf den schönen Laubwald im Brustton tiefster Überzeugung meinte: „Das ist wirklich eine sehr gute Aktion.“ Seine Amtskollegin, Eislebens Oberbürgermeisterin Jutta Fischer, pflanzte ebenfalls einen Baum, der das Schild „Für die Kinder der Lutherstadt Eisleben“ erhalten wird. Frau Fischer als Botschafterin eines der Zukunft zugewandten Eislebens und Bewahrerin der Lutherschen Tradition, denn der in Eisleben geborene und gestorbene Martin Luther hatte einmal den unvergesslichen Satz geprägt: „Wenn morgen die Welt unterginge, pflanzte ich noch ein Apfelbäumchen.“

Das lutherisch Geniale: Er hatte das alttestamentliche Motiv der Sünde (Adam kostete einen Apfel vom Baum der Erkenntnis) in Zusammenhang mit einer schlimmen Sache, den Weltuntergang (verursacht vom Menschen selbst) gestellt und gleichzeitig die Hoffnung in den Vordergrund gerückt (ein Baum bedeutet Zukunft, bringt frischen Sauerstoff, symbolisiert die Schönheit der Natur). Genau das geschah heute im Wald bei Holzzelle: Aus dem Unglück der Verwüstungen vom 7. Juli des vorigen Jahres heraus hatten sich Gleichgesinnte gefunden unter dem Dach des Forstbetriebes in Obersdorf, um ein Stück Zukunft zu gestalten.

Damit alles gut lief, waren auch Forstfachleute wie Forstingenieurin Kathrin Jakob vor Ort, die im Krankheitsfall ihres Chefs für alle zehn Reviere des Forstbetriebes Süd verantwortlich ist. Frau Jakob musste manche Frage der Anwesenden beantworten, zum Beispiel die von Lisa aus Volkmaritz nach den vielen weißen Blumen, die am Pflanzort den Waldboden wie einen Teppich bedecken: „Das sind Buschwindröschen, auch Annemone genannt.“

Und woran erkennt man eine Roteiche, wenn sie mal größer ist und Blätter hat, wollte Lisa mit Blick auf die Reiser, die sie gerade gepflanzt hatte, noch wissen, woraufhin Caroline Fischer, Auszubildende zum Forstwirt im ersten Lehrjahr, erklärte: „Die Blätter einer Roteiche sind spitz und verfärben sich im Herbst rot.“ Dann, im September, wenn sie Geburtstag hat, will Lisa mit ihren Eltern und ihrer Schwester wiederkommen und sehen, wie sich ihre Roteiche entwickelt hat. Das könnte, denken ihre Eltern, zu einem Ritual werden: Immer, wenn sich die Blätter der Eichen rot färben, sie zu besuchen.
Jochen Miche
Bärbel Nothmann begrüßt die Teilnehmer der Generationenwald-Aktion. (Foto: Jochen Miche)
Aufbruch in den Wald. Jeder suchte nun die Stelle, an der er eine Roteiche pflanzen und - für spätere Besuche sehr praktisch - ein Namensschild hinstellen konnte. (Foto: Jochen Miche)
Eichen sind unter anderem an der spitzen Form ihrer Blätter zu erkennen.  Die Farben der Blätter einer Roteiche wechseln: Im Frühjahr von braungrau ins Grüne, im Herbst von grün zu rot. (Foto: Jochen Miche)
Ein Teppich voll weißer Buschwindröschen (Annemonen) bedeckt den Waldboden zwischen Holzzelle und Rothenschirmbach. (Foto: Jochen Miche)
Nach getaner Arbeit: Eislebens Oberbürgermeisterin Jutta Fischer im Gespräch mit der Leiterin der Kindertagesstätte "Borstel", Anke Rabenhold, und Mario Galonska vom Elternkuratorium der Kindertagesstätte. (Foto: Jochen Miche)
Die gute Seele der Gemeinde: der Verein "Wir für Rothenschirmbach". Er trägt seinen Vereinsnamen stolz als Stickerei auf den Vereinsjacken. (Foto: Jochen Miche)
Autor: jm

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