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Angemerkt

Wer ist der Gute, wer ist der Böse?

Sonnabend, 31. März 2018, 14:27 Uhr
Wer heute meint, die Gesellschaft, also unser aller Zusammenleben in diesem Deutschland (darf ich das noch schreiben?), ist das gleiche Miteinander wie im Jahr 2015, der ist entweder dement oder reif für die “Mühle”. Anders kann man eine Beurteilung der bisherigen Entwicklung nicht abgeben. Es ist, als lebe man in zwei Welten…


Bleiben wir zunächst in unserem (Deutsch)land, was meine Heimat ist. Hier wurde ich geboren, hier wuchs ich auf. Ebenso meine Vorfahren und die meiner Familie. In preudo-liberalen, links-grünen, immer alles besser wissenden Kreisen, mache ich damit verdächtig. Heimat zu haben, Deutschland recht nett zu finden, ist vielleicht schon mehr als die Vorstufe des Nationalismus.

Die, wenn man sich öffentlich nicht von Heimat distanziert, schon mal mit dem Zusatz Nationalsozialist oder dem gern gebrauchten Nazi ergänzt werden kann. Dann klettert man auf der Rangliste des zu Hassenden und zu Bekämpfenden um einige Stufen nach oben. Und wie das Zentralorgan der Linken taz schrieb, bringe mit Nazis reden nichts. “Gibt man Rechtsextremen Raum, füllen sie ihn. Also macht Kommunikation wenig Sinn. Man muss ihnen das Leben schwer machen, wo es nur geht.”

Wer aktuell welchen ideologischen Standort einnimmt, wer National, Heimatverbunden, Rechts und Rechtsextrem ist, das wird nicht gesetzlich oder juristisch geregelt, das bestimmt die liberale Gutmenschenfraktion unserer Gesellschaft. Vor allem, wenn es um den Raum der Straße geht, also bei Demos. Da begann vor Wochen eine Frau in Hamburg mit einem Schild zu demonstrieren, auf dem “Merkel muss weg” stand. Meinungsfreiheit ist das und eigentlich sollte man vermuten, dass diese Frau sich der Sympathie von Links sicher sein kann. Doch in Zeiten wie dieser ist selbst eine CDU-Bundeskanzlerin die Sympathieträgerin der Linken. Denn sie gestattete mehr als einer Million Menschen den illegalen Zuzug nach Deutschland. Also mussten nun Mittel und Wege gefunden werden, um den Menschen, die sich zunehmend mit der Hamburger Frau solidarisierten, die Schranken aufzuzeigen. Gegendemos, Sitzblockaden - das reichte nicht. Also wurde zum direkten Angriff übergegangen. Die Wohnung der Dame, die man sofort dem rechtsextremen Spektrum zuordnete, wurde angegriffen, ihre Familie eingeschüchtert. Alles im Namen einer richtigen Politik.

In den 90er Jahren gab es in diesem Deutschland zahlreiche Demos, vor allem im neu dazugekommenen Teil meiner Heimat, bei denen “Kohl muss weg” skandiert wurde. Die Absender der Rufe waren vermutlich keine konservativen Zeitgenossen. Aber das war Meinungsfreiheit. Das ist Hamburg ist rechte Hetze.

"Rechte Hetzer und Nazis" machen seit Wochen nun auch in Cottbus und Kandel mobil. Dass die Proteste von vielleicht ganz normalen Menschen ausgingen, die einfach Angst haben vor dem, was sich in Deutschland entwickelt und mit dem Namen “Flüchtlingskrise” versehen ist, das ist für die Gutmenschenfraktion und weite Teile der etablierten Politik inakzeptabel. Also werden bei gut 2.000 oder 3.000 demonstrierenden Frauen und Männern in Kandel oder Cottbus einige tatsächlich Rechtsradikale, Neonazis und wenn es sein muss auch Rocker oder Hooligans ausgemacht und die gesamte Demo dafür in Geiselhaft genommen. Wenn in Nordhausen gegen den Aufmarsch von 300 Verirrten eines dritten Weges zu Recht demonstriert wird, dann nehmen die Organisatoren es hin, wenn aus ihrem Demonstrationszug “Nie, nie wieder Deutschland” oder “Deutschland verrecke” gerufen wird. Ganz vor in der Weberstraße standen eine ehemalige Oberbürgermeisterin oder linke Landtags- und eine Bundestagsabgeordnete. Eine Distanzierung von diesen Parolen habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Ich konstatiere also eine - um es vorsichtig auszudrücken - eine gewisse Nähe zum Hass auf meine Heimat, auf mein Deutschland?

Das scheinbar Schizophrene und bald nicht mehr zu Verstehende in der Politik begrenzt sich jedoch nicht nur auf Deutschland, sondern ist auch international zu verorten. Zum Beispiel in Syrien. Dass es in diesem Land eine Regierung gibt (ob die mir gefällt oder nicht) sei dahingestellt, spielt überhaupt keine Rolle. Assad ist der Schlächter, der pausenlos Fassbomben werfen und Giftgas verstreuen lässt. Auf Aleppo zum Beispiel. Wann wurde eigentlich das letzte Mal im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über die Situation in dieser Stadt nach der Vertreibung der Rebellen berichtet? Vielleicht passt die aktuelle Situation, der beginnende Wiederaufbau, die Normalisierung nicht in das Bild, das man dem Publikum gern subtil vermitteln will. Wann gab es in der Tagesschau oder im heute-journal das letzte Mal Bilder aus Afrin?

Assad kämpft gegen das eigene Volk, wird vermittelt. Nein, er kämpft - mit Unterstützung der Russen - gegen den IS und manch andere islamistische Gruppen, die eher ein Steinzeit-Syrien als einen modernen Staat bevorzugen. Was nach dem Sieg der Rebellengruppen mit Libyen geschehen ist, wird schnell vergessen. In ARD und ZDF, aber auch in den sogenannten Leitmedien werden diese Gruppierungen in Syrien gern als Rebellen bezeichnet. Klingt doch irgendwie sympathisch, denn es sind die Guten. Aber in Syrien kämpfen auch die USA, zusammen mit anderen Gruppierungen gegen Islamisten. Nur das sind keine “freundlichen Rebellen”, das sind in der offiziellen Berichterstattung der sogenannte IS oder ihm nahestehende Islamisten. Also die Bösen. Hier die Guten, dort die Bösen, so einfach wird das alles aufgeteilt, wird versucht uns das zu vermitteln. Dass die Türkei einfach mal so in einen anderen, völkerrechtlich seit Jahrzehnten anerkannten Staat, nämlich Syrien, einmarschiert, weil ihr die Kurden nicht passen, das wird in Europa, und damit in meinem Heimatland einfach mal mit einem Schulterzucken und dem Griff in die Verbal-Kiste der diplomatischen Verlautbarungen hingenommen.

Bleibt zum Schluss noch der Blick auf die aktuelle Rußland-Affäre, aber auch der Blick auf Menschen, die sich im politischen und journalistischen Revier bewegen. Da ist es schon irgendwie mysteriös, dass sich Politiker wie Ex-Außenminister Gabriel, Ex-EU-Kommissar Verheugen, aber auch Ex-Journalisten wie Fritz Pleitgen kritisch zu den Reaktionen des Westens nach dem Giftgasanschlag in England äußern. Stutzig machte mich das erst beim zweiten Lesen, denn die Betonung liegt vermutlich auf “Ex”. Alle drei Herren sind nicht mehr im Geschäft, sind vermutlich weniger abhängig. Können Sie jetzt sagen, was sie wissen und denken?

Ich mag den Blog “Die Achse des Guten”. Dort schreiben viele Menschen zu den Verhältnissen, zu Entwicklungen in diesem Land und darüber hinaus. Ich habe mir die Vita mehrerer Autoren genauer angesehen. Da sind keine Dilettanten am Werk, sondern Journalisten, die beim “stern”, beim “spiegel”, als Auslandskorrespondenten für die ARD oder bei anderen einst national und international bedeutenden Medien gearbeitet haben. Angemerkt. Auch hier liegt die Betonung auf “gearbeitet haben”. Sie sind - viele altersbedingt - frei und tatsächlich unabhängig. Sie erlauben sich Fragen zu stellen, Meinungen zu artikulieren, Entwicklungen zu analysieren und zu beurteilen, die in den Leitmedien dieses Landes nicht gänzlich aber teilweise obsolet sind. Auch finde ich nicht alles so supertoll, was ich dort lese und das ist doch gut so - so muss es sein. Nur finden das andere in Politik und Medien eben nicht so toll. Sie fühlen sich angegriffen und angefeindet und greifen denn auch schon mal zu Mitteln, die ich persönlich nur aus der Zeit kenne, in der ich in einem anderen System, in - wie mir immer wieder gesagt wird - einer Diktatur leben und arbeiten musste.

In diesem Sinne kein gesegnetes, aber ein friedliches Osterfest. Apropos: Haben Sie statt “Osterhase” schon mal “Traditionshase” gesagt?
Peter-Stefan Greiner
Autor: red

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