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Mi, 08:50 Uhr
07.02.2018
Neue EU-Handelsabkommen

Gefahr für Verbraucher, Umwelt und Demokratie

Die Europäische Union verhandelt derzeit eine Reihe neuer Freihandelsabkommen, die negative Folgen für Verbraucherrechte, Umweltstandards und demokratische Prinzipien hätten. Das zeigt ein Report der Organisationen PowerShift und foodwatch...


Die geplanten EU-Abkommen unter anderem mit Indonesien, Japan und dem südamerikanischen Mercosur-Staatenbund enthielten ähnlich kritische Vorhaben wie das auf Eis gelegte TTIP-Abkommen mit den USA oder das vorläufig in Kraft getretene EU-Kanada-Abkommen CETA - beispielsweise Sonderklagerechte für Konzerne, Handelsausschüsse ohne ausreichende demokratische Kontrolle oder eine Aufweichung des Vorsorgeprinzips beim Gesundheits- und Verbraucherschutz.

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Trotz der Risiken finden die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, kritisierten die beiden Organisationen. Noch nicht einmal alle Verhandlungsmandate sind öffentlich. foodwatch forderte den Stopp der Verhandlungen und eine komplette Neuausrichtung der europäischen Handelspolitik.

"Die EU hat aus den Protesten gegen TTIP und CETA offenbar nichts gelernt. Auf dem Altar des Freihandels sollen Verbraucherschutz, Umweltstandards und demokratische Prinzipien geopfert werden - zulasten der Menschen in Europa und zulasten der Menschen in den Partnerländern", sagte Thilo Bode, Geschäftsführer von foodwatch International, bei der Vorstellung des Reports am Mittwoch in Brüssel. Die Europäische Kommission müsse die Verhandlungen sofort beenden. Bei den geplanten Abkommen gehe es nicht nur um den Wegfall von Zöllen. Es bestehe die reale Gefahr, dass Verbraucher- oder Umweltschutzstandards abgesenkt oder auf einem niedrigen Niveau festgeschrieben würden, so Thilo Bode. "Wir sind nicht gegen Handel - aber Handel muss den Menschen dienen, und nicht einseitig den Interessen von Konzernen."

Der Report "Handel um jeden Preis?" wurde von der Organisation PowerShift im Auftrag von foodwatch erstellt und untersucht fünf EU-Handelsabkommen, die bisher kaum im Fokus der Öffentlichkeit stehen: mit Japan, Vietnam, Indonesien und Mexiko sowie mit dem Verbund der südamerikanischen Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay (Mercosur). Die Verhandlungen sind teilweise schon weit fortgeschritten, andere stehen noch ganz am Anfang. Viele Punkte, die bereits bei TTIP und CETA für Kritik gesorgt hatten, sind nach Ansicht von foodwatch und PowerShift nahezu 1:1 auch in den neuen Verträgen enthalten:
  • Das europäische Vorsorgeprinzip ist in keinem der Abkommen abgesichert. Stattdessen soll der "nachsorgende Ansatz" der Welthandelsorganisation (WTO) gelten, der - vereinfacht gesagt - bedeutet: Eine Substanz ist solange zugelassen, bis deren Schädlichkeit nachgewiesen ist. Beim Vorsorgeprinzip gilt hingegen die Umkehr der Beweislast: Ein Unternehmen muss - beispielsweise bei der Zulassung von Chemikalien - die Unschädlichkeit wissenschaftlich nachweisen. Regierungen in Europa müssen bei potenziellen Risiken vorsorgend aktiv werden, wenn es begründete Bedenken gibt.
  • Durch die Abkommen werden Ausschüsse gebildet, die weitreichende Veränderungen festlegen dürfen - ohne ausreichende demokratische Kontrolle durch Parlamente. Ähnliche Mechanismen im CETA-Abkommen sind Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde in Deutschland.
  • In den Verträgen mit Vietnam, Indonesien und Mexiko sind umfassende Investor-Staat-Klagerechte geplant - eine Art Paralleljustiz, über die Konzerne in Zukunft Staaten wegen politischer Regulierungsmaßnahmen verklagen könnten.
  • Bei allen der geplanten Abkommen ist nicht nur der Abbau von Schutzzöllen und Marktöffnungen für Unternehmen das Ziel. Sondern - ähnlich wie TTIP und CETA als Freihandelsabkommen einer "neuen Generation" - auch die Beseitigung sogenannter nicht-tarifärer Handelshemmnisse. Dazu zählen beispielsweise Regulierungen im Gesundheits-, Verbraucher- und Umweltschutz. Standards könnten durch die Handelsverträge gesenkt oder vertraglich festgeschrieben werden, so dass sie in Zukunft nicht mehr einseitig von einem Handelspartner verschärft bzw. verbessert werden könnten.
"Genau wie bei TTIP und CETA geht es bei den neuen Handelsabkommen nicht nur um den Abbau von Zollschranken, sondern auch um Verbraucherrechte und Umweltschutzstandards - und die Frage, wie und wer darüber in Zukunft entscheidet", sagte Thomas Fritz von PowerShift, einer der Autoren der Studie. Es ließen sich bereits jetzt konkrete Punkte nennen, inwiefern die geplanten Abkommen negative Folgen für den Umwelt- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Ernährung haben könnten. Drei Beispiele aus dem Report :
  • Fleischimporte / Südamerika: Ein Freihandelsabkommen mit dem Staatenverbund Mercosur würde den europäischen Markt für Agrarprodukte aus Südamerika weiter öffnen. Fleischproduzenten etwa aus Brasilien, die enorm kostengünstig große Mengen produzieren, könnten ihre Exporte und Produktion deutlich steigern - mit fatalen Folgen für die Umwelt: In Brasilien findet ein Großteil der Nutztierhaltung auf gerodeten Regenwaldflächen statt.
  • Pestizide / Japan: In Japan werden deutlich mehr Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt als in der Europäischen Union. Kommt es zu einem Freihandelsvertrag, könnten Import-Lebensmittel mit erhöhten Pestizidrückständen in Europa auf den Markt kommen. Das eigentlich im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip würde so faktisch ausgehebelt.
  • Palmöl-Anbau / Indonesien: Indonesien ist der weltgrößte Produzent von Palmöl. Rund 10 Prozent der Exporte gehen in die EU - für Lebensmittel, Kosmetika oder Biodiesel. Das Land erhofft sich durch den Wegfall von Handelsschranken einen weiteren Anstieg der Exporte nach Europa. Die Anbauflächen könnten weiter wachsen - was zu deutlich höheren Treibausgas-Emissionen führen würde. Denn neue Palmölplantagen entstehen oft durch das Abbrennen von Torfböden. Die EU setzt sich zwar offiziell für einen nachhaltigen Palmöl-Anbau ein - allerdings nur mit freiwilligen Initiativen. Die deutsche Bundesregierung hat vorgeschlagen, einen umweltgerechteren Anbau unter Berücksichtigung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten zur Bedingung für den Abbau von Handelsbeschränkungen zu machen. Die EU-Kommission hat die damit einhergehende Möglichkeit von Sanktionen jedoch bisher stets abgelehnt. Aktuell liegt ein Entwurf für ein Nachhaltigkeitskapitel in dem Indonesien-Abkommen vor - der ebenfalls keine sanktionsbewehrten Maßnahmen vorsieht.
Autor: red

Kommentare
geloescht 011
07.02.2018, 10.11 Uhr
Das Europa der SPD
alle Macht in Brüssel, ohne jede Kontrolle durch die Bürger.
Die wahre Macht hat sich schon lange aus Berlin verabschiedet.
Da kokelt die GroKo an Obergrenzen während in Brüssel beschlossen wurde, das der Nachzug der neuen Bürger an Hand der " Ankerpersonen " in den Europäischen Staaten - sprich Deutschland - verteilt.
Alles nur noch eine Farce

Jörg Prophet
N. Baxter
07.02.2018, 10.19 Uhr
Euro-Martin
richtig "Liebernicht", denn auch aus diesem Grund ist die SPD schnell zu einem "Kompromiss" bei der Obergrenze bereitgewesen, denn die wissen schon mehr was auf uns zukommt.
Paulinchen
07.02.2018, 11.42 Uhr
Was soll der Quatsch?
Zitat aus dem Artikel: "Pestizide / Japan: In Japan werden deutlich mehr Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt als in der Europäischen Union. Kommt es zu einem Freihandelsvertrag, könnten Import-Lebensmittel mit erhöhten Pestizidrückständen in Europa auf den Markt kommen. Das eigentlich im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip würde so faktisch ausgehebelt."

Unsere landwirtschaftlichen Böden sind doch längst so versaut von Gülle und Chemie, so dass die Gifte längst in der Nahrungskette angekommen sind. Was sendete gestern der NDR? "Gefährliche Keime, gegen die viele Antibiotika nicht mehr wirken, verseuchen Bäche, Flüsse und Badeseen. In Proben aus Niedersachsen fanden sich multiresistente Erreger." Ursache sollen Abwässer der Krankenhäuser und nicht mehr zeitgemäße Kläranlagen sein. Wie ist es um die Gewässer in Thüringen bestellt? (besser oder gleich schlecht?)
Wann beginnt doch gleich die Spargelsaison und wo kommen die besten einheimischen Äpfel her? (Altes Land-Hamburg u. NIEDERSACHSEN!)Wo ist dann der Unterschied? Guten Appetit!
tannhäuser
07.02.2018, 12.54 Uhr
Verbraucher, Umwelt, Demokratie?
Ein vernachlässigbares Trio für den voraussichtlichen neuen Aussenminister Schulz, zumindest solange es um Deutschland und die schon länger oder immer hier wohnenden Menschen geht.

Das Grab für die SPD haben gewissenlose und karrieregeile Machtmenschen wie Volk-Du-Pack-Gabriel ausgehoben, Schröder hat vorher Spitzhacke, Spaten und Schaufel verteilt.

Schulz und alle an den Verhandlungen beteiligten Sozis sind schon vor der Grube auf die Knie gegangen und warten auf den finalen Rettungsschuss für ihre Partei durch die CDU/CSU und Mutti.
Fönix
07.02.2018, 16.43 Uhr
"von verseuchten und verkeimten deutschen Böden geerntet"
bzw. "auf verseuchten und verkeimten deutschen Böden geweidet"wird dann bald bald ein ein Qualitätssiegel ähnlich dem früheren "Made in Germany", denn die so produzierten Nahrungsmittel werden dann immer noch weniger belastet sein als der unkontrollierte Dreck aus Übersee. Guten Appetit !!

Bei Schnittblumen und Grünpflanzen ist das heute schon so.
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